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War Friedrich August von Hayek ein Sozialist?

Friedrich Hayek ein Sozialist? Absurd, wenn man bedenkt, dass er doch als einer der großen Denker der österreichischen Schule gesehen wird, welcher sich für freie Märkte aussprach und den Interventionismus des Staates anprangerte. Doch der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Hans-Hermann Hoppe hat sich den Mann genauer angesehen und kam zu folgender Analyse:

Aus dem Original vom 13.5.2013 von Hans-Hermann Hoppe.

Von einem “Radikalliberalen”, der sich als Sozialdemokrat entpuppt.

Vor langer Zeit, als ich noch auf dem Gymnasium war, habe ich mich politisch eher links orientiert. Doch nach und nach habe ich erkannt, dass diese Denkrichtung nicht perfekt ist. Auf der Suche nach einer anderen Perspektive bin ich auf die Namen Milton Friedman und Friedrich August von Hayek gestoßen. In den Medien wurden sie oft als grundsätzliche Gegner und Alternativen zu allen sozialistischen Ideen erwähnt.

In ihren Schriften fand ich viele überzeugende Argumente, mit denen ich damals die vorherrschende linke Meinung herausgefordert habe. Durch Friedman und Hayek bin ich dann auch auf Ludwig von Mises und schließlich Murray Rothbard gestoßen. Sowohl Friedman als auch Hayek haben also einen intellektuellen Einfluss auf mich gehabt.

Aber das ist nicht das, worüber ich heute sprechen möchte. Stattdessen möchte ich mich damit befassen, warum Friedman und Hayek vor fast 40 Jahren und auch heute noch, oder sogar noch mehr, in den wichtigsten Medien – besonders in den USA und möglicherweise noch mehr in Europa – als radikale Gegner alles Linken dargestellt werden. Interessanterweise gehören Friedman und Hayek selbst eher zur politischen Linken – natürlich nicht zur traditionellen, harten, marxistischen Version, aber definitiv zur milderen, sozialdemokratischen Variante. Daher sind sie keineswegs eine grundsätzliche Alternative zum Sozialismus. Man könnte also von einem „Friedman-Hayek-Mythos“ sprechen.

Friedman und Hayek

Ich möchte mich hier nur auf eine Hälfte konzentrieren, den Hayek-Mythos. Friedman ist weithin bekannter als Hayek. Eine Google-Suche nach Friedman ergibt 30 Millionen Ergebnisse, nach Hayek 6,58 Millionen, nach Mises 3,29 Millionen und nach Rothbard 1,33 Millionen. Das liegt teilweise daran, dass Friedman zweifellos der klarer formulierende Autor ist und auch, weil er Amerikaner ist – das hilft heutzutage immer. Aber meiner Meinung nach ist Hayek der wichtigere Denker. Er wird länger im Gedächtnis bleiben als Friedman.

Hayek ist nicht nur der bessere Ökonom. Während Friedman bis zu seinem Tod im Jahr 2006 stets lobende Worte für die Zentralbanker Greenspan und Bernanke fand, haben viele, die von Hayek und der Mises-Hayekschen Konjunkturtheorie inspiriert waren, die kommende und immer noch andauernde große Rezession vorausgesehen. Aber noch wichtiger ist, dass Hayek als Alt-Europäer deutlich gebildeter und intellektuell wohlgeformter ist. Während Friedman im Wesentlichen ein „Ökonomen-Ökonom“ bleibt, ist Hayek ein echter Intellektueller, belesen nicht nur in Ökonomie, sondern auch in Ideengeschichte, Psychologie, Philosophie, Soziologie und Recht. Es sind nicht nur ihre Beiträge zur technischen Ökonomie, die Friedman und Hayek berühmt gemacht haben, sondern auch ihre Ausflüge in das Gebiet der politischen Theorie. Deshalb möchte ich mich hier auf Hayek als politischen Theoretiker konzentrieren, insbesondere auf seine „Verfassung der Freiheit“ und sein dreibändiges Werk „Recht, Gesetz und Freiheit“, die allgemein als Hayeks bedeutendste Beiträge zur politischen Theorie gelten.

Freiheit oder Zwang

Hayek definiert „Freiheit“ als das Fehlen von „Zwang“. Das klingt zunächst verständlich. Allerdings unterscheidet er sich von der langen Tradition des klassisch liberalen Denkens, indem er „Zwang“ nicht als Initiierung oder Androhung physischer Gewalt gegen eine andere Person oder ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum definiert – sei es durch ursprüngliche Aneignung, Produktion oder Austausch. Stattdessen bietet er eine Definition, die durch ihre Unklarheit und Komplexität auffällt.

Nach Hayek bedeutet „Zwang“, dass eine Person von einer anderen Person so kontrolliert wird, dass sie, um größeres Übel zu vermeiden, nicht nach einem schlüssigen eigenen Plan handeln darf, sondern den Zielen eines anderen dienen muss. Oder anders ausgedrückt: „Zwang wird ausgeübt, wenn eine Person Handlungen vornimmt, die dem Willen einer anderen Person dienen, nicht ihrem eigenen Zweck, sondern dem des anderen.“ Im Gegensatz dazu ist „Freiheit“ für Hayek „ein Zustand, in dem jeder Handelnde sein eigenes Wissen“ – nicht sein Eigentum – „zu seinen eigenen Zwecken nutzen kann.“

Diese Definition berücksichtigt nicht Handlungen, knappe Güter und Eigentum. Stattdessen bezieht sich „Zwang“ auf eine spezifische Kombination von subjektivem Willen oder Plänen, Gedanken und Erwartungen. Dennoch ist diese Definition aus folgendem Grund unbrauchbar.

Erstens als Leitfaden für Handlungen: Was darf ich hier und jetzt tun, wenn ich keinen Zwang ausüben möchte? Im Allgemeinen kenne ich nicht den Willen oder die Pläne anderer Menschen. Es ist absolut unmöglich, den Willen aller anderen Menschen zu kennen. Selbst wenn ich es versuchen würde, könnte ich nicht sicher sein, dass meine Handlungen keinen anderen zwingen würden, bevor ich überhaupt etwas über ihre Pläne wüsste. Damit Menschen „richtig“ handeln können, selbst wenn sie buchstäblich nichts über die Pläne anderer wissen, muss das Kriterium, das zwischen Freiheit und Zwang unterscheidet, objektiv sein. Es muss sich auf ein physisch beschreibbares Ereignis oder Nicht-Ereignis beziehen, über das ein Handelnder physische Kontrolle haben kann.

Zweitens ist Hayeks Definition auch als rückblickendes („ex post“) Kriterium für Gerechtigkeit unbrauchbar. Ist die Klage von A gegen B gerechtfertigt? Wer ist schuldig und wer nicht? Und welche Art von Wiedergutmachung oder Strafe ist angemessen? Da Hayeks Definition keine physischen – intersubjektiv feststellbaren – Kriterien enthält, sind seine Urteile willkürlich. Als Aussagen über mentale Zustände sind Hayeks Kategorien der Freiheit und des Zwangs mit jedem realen physischen Zustand vereinbar. Es ist unmöglich, mit ihnen klare Abgrenzungen vorzunehmen.

Entsprechend konfus und widersprüchlich sind folglich Hayeks Versuche, seine Definitionen in Anwendung zu bringen. Einerseits kommt Hayek zum Schluss, dass die Initiierung und Androhung von physischer Gewalt „Zwang“ darstellt: Gewalt oder „die Androhung von Gewalt findet statt, wenn bewaffnete Banden oder Eroberer das unterworfene Volk zwingen, für sie zu arbeiten, wenn organisierte Verbrecher eine ‚Schutz‘-Abgabe erheben.“ Andererseits ordnet er Handlungen der Initiierung oder Androhung von physischer Gewalt wie zum Beispiel militärische Dienstpflicht oder Steuern als „Nicht-Zwang“ ein, vorausgesetzt, dass das Opfer solcher Aggression diese zuverlässig erwartet und sich entsprechend angepasst haben könnte. Dazu gleich noch mehr.

Ferner: Einerseits setzt Hayek physische Gewalt mit „Zwang“ gleich. Andererseits akzeptiert er nicht, dass die Abwesenheit physischer Gewalt oder Beschädigung ein Kriterium für „Nicht-Zwang“ ist: „Die Androhung physischer Gewalt ist nicht die einzige Art der Ausübung von Zwang.“ Selbst wenn A keine physische Aggression gegen B oder dessen Eigentum ausgeübt hat, kann er dennoch des „Zwangs“ schuldig sein. Nach Hayeks Auffassung ist dies immer dann der Fall, wenn A sich der unterlassenen Hilfeleistung B gegenüber schuldig gemacht hat, das heißt immer dann, wenn er B nicht mit Gütern oder Dienstleistungen versorgt hat, die B von ihm erwartet hatte und als „entscheidend für meine Existenz oder die Erhaltung meines höchsten Wertes“ erachtet. Hayek behauptet, dass nur eine kleine Anzahl von Fällen diesem Kriterium tatsächlich entsprechen:

Der Eigentümer eines Bergwerks in einer Bergbaustadt, der entscheidet, einen Arbeiter zu entlassen, übt angeblich „Zwang“ aus. Gleichfalls soll es „Zwang“ sein, wenn der Eigentümer der einzigen Wasserquelle in einer Wüste nicht gewillt ist, dieses Wasser zu verkaufen. Oder wenn er sich weigert, es zu einem Preis zu verkaufen, den andere als „gerecht“ empfinden. Man benötigt wenig Vorstellungskraft, um zu erkennen, dass Hayeks Kriterium tatsächlich allumfassend ist. Jegliche friedliche Handlung einer Person kann von anderen – sogar von einer beliebigen Anzahl von anderen – als „Zwang“ interpretiert werden, denn jede Aktivität ist gleichzeitig auch die Unterlassung unendlich vieler anderer möglicher Handlungen. Und jede Unterlassung wird zum Zwang, wenn eine einzige Person behauptet, dass die unterlassene Handlung „entscheidend für die Erhaltung meines höchsten Wertes“ ist.

Immer wenn Fälle sowohl unterlassener Hilfeleistung als auch physischer Gewalt kategorisch als „Zwang“ identifiziert werden, entstehen unausweichliche Widersprüche. Wenn die Unterlassung von A einen „Zwang“ gegenüber B darstellt, dann hat B offensichtlich das Recht, sich gegen den Zwang von A zu „verteidigen“. Doch die einzige „Verteidigung“ von B wäre der Einsatz physischer Gewalt gegen A – um A dazu zu bringen, das auszuführen, was er ansonsten nicht tun würde. Aber dann können physische Gewalthandlungen nicht mehr als „Zwang“ eingestuft werden. Stattdessen wäre physische Gewalt „Verteidigung“. In diesem Fall wäre „Zwang“ sowohl die friedliche Weigerung, sich an einem Austausch zu beteiligen, als auch der Versuch, sich gegen jeden unter Androhung von Gewalt erzwungenen Tausch zu wehren.

Wenn andererseits physische Gewalt als „Zwang“ definiert wäre, dann dürfte sich B nicht gegen einen unterlassenden A „verteidigen“. Und wenn B es dennoch versuchte, dann hätte A das Recht, sich zu verteidigen. Aber in diesem Fall würden Unterlassungen keinen „Zwang“ darstellen.

Aus diesen Begriffsverwirrungen stammt Hayeks absurde These von der „Unvermeidbarkeit des Zwangs“ und seine entsprechende, gleichermaßen absurde „Rechtfertigung“ des Staates: „Zwang kann jedoch nicht gänzlich vermieden werden, weil die einzige Möglichkeit, ihn zu verhindern, die Androhung von Zwang ist.

Die freie Gesellschaft hat dieses angegangen, indem sie dem Staat ein Zwangsmonopol übertrug und indem sie diese Macht des Staates auf jene Fälle einzuschränken versuchte, die notwendig sind, um Zwangsausübung durch Privatpersonen zu verhindern.“ Beiden Definitionen Hayeks von „Zwang“ zufolge ist diese These unsinnig.

Wenn unterlassene Hilfeleistung „Zwang“ darstellt, dann wird Zwang im Sinne physischer Gewalt notwendig. Und nicht: unvermeidbar. Ansonsten, wenn die Definition von „Zwang“ die Initiierung und Androhung von physischer Gewalt ist, kann er vermieden werden.

Erstens, weil jede Person die Kontrolle darüber besitzt, ob sie einen anderen physisch angreifen wird oder nicht.

Und zweitens, weil jede Person das Recht hat, sich mit all ihren Mitteln gegen den physischen Angriff eines anderen zu verteidigen. Er ist nur insofern „unvermeidbar“, als physische Verteidigung solange notwendig ist, wie physische Aggression existiert.

Aber die Unvermeidbarkeit von defensiver Gewalt hat nichts mit der angeblichen „Unvermeidbarkeit des Zwangs“ zu tun. Es sei denn, man bringt den kategorischen Unterschied zwischen Angriff und Verteidigung durcheinander und behauptet, dass die Drohung, sich im Falle eines Angriffs zu verteidigen, das gleiche ist, wie die Drohung mit einem Angriff. Wenn physische Gewalt verboten ist, dann folgt daraus, dass man sich dagegen wehren darf. Es ist somit absurd, Angriff und Verteidigung unter derselben Rubrik „Zwang“ zu klassifizieren. Verteidigung verhält sich zu Angriff wie Tag zu Nacht.

Aus der Unvermeidbarkeit der Verteidigung lässt sich jedoch keine Rechtfertigung für ein Zwangsmonopol des Staates schließen. Ganz im Gegenteil. Ein Staat ist keinesfalls lediglich ein „Verteidigungsmonopolist“, der privaten Individuen hilft, ansonsten „unvermeidbare“ Verteidigungsausgaben zu vermeiden. Als ein Monopolist ist er ineffizient. Weil er ansonsten ja doch keinerlei Verteidigungsaktivitäten anbieten könnte, schließt das Zwangsmonopol des Staates insbesondere das Recht des Staates ein, Gewalt gegen Privatbürger auszuüben, die ihrerseits die Pflicht haben, sich nicht gegen Angriffe des Staates zu verteidigen. Aber was für eine Rechtfertigung für den Staat ist das: Dass, wenn eine Person sich einem Angreifer bedingungslos ergibt, sie sich ansonsten „unvermeidbare“ Kosten der Verteidigung erspart?

Der Staat und seine Funktion

Hayek zufolge ist der Staat „notwendig“, um folgende Aufgaben zu erfüllen: Nicht nur die „Durchsetzung von Gesetzen“ und die „Verteidigung gegen äußere Feinde“, sondern „in einer entwickelten Gesellschaft sollte der Staat seine Macht der Steuererhebung nutzen, um eine Reihe von Diensten anzubieten, die aus verschiedenen Gründen nicht, oder nicht in ausreichendem Maße, vom Markt angeboten werden können.“ Da es außerhalb des Paradieses jederzeit eine unendliche Zahl an Gütern und Dienstleistungen gibt, die der Markt nicht anbietet, händigt Hayek dem Staat hier einen Blankoscheck aus.

Zu der „Reihe von Diensten“ gehören: „Schutz gegen Gewalt, Epidemien oder Naturgewalten wie Flutkatastrophen oder Lawinen, aber auch viele der Annehmlichkeiten, die das Leben in modernen Städten tolerabel machen, die meisten Straßen, die Aufstellung von Maßstäben und vielerlei Arten von Informationen, von Grundbüchern, Landkarten und Statistiken bis zur Qualitätszertifizierung einiger am Markt angebotenen Güter und Dienstleistungen.“ Weitere Staatsfunktionen sind „die Absicherung eines gewissen Mindesteinkommens für jeden“, der Staat sollte „seine Ausgaben im Zeitablauf so verteilen, dass sie dann eingreifen, wenn private Investitionen nachlassen“.

Er sollte sowohl Bildung und Forschung finanzieren als auch „Bauvorschriften, Gesetze zur Reinhaltung von Lebensmitteln, die Zulassung zu gewissen Berufen, die Einschränkung des Verkaufs gewisser gefährlicher Güter wie Waffen, Sprengstoff, Gift und Drogen, als auch einige Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften für die Abläufe der Produktion und des Angebots von öffentlichen Institutionen wie Theater, Sportplätze und so weiter“ durchsetzen und die Macht zur „Enteignung“ nutzen, um das „Allgemeinwohl“ zu fördern.

Darüber hinaus gelte, dass „es einen Grund dafür gibt, anzunehmen, dass mit der Zunahme des allgemeinen Wohlstands und der Bevölkerungsdichte der Anteil all jener Bedürfnisse, die nur über kollektive Handlungen befriedigt werden können, weiter wachsen wird.“ Ferner sollte der Staat ein umfangreiches System einer Versicherungspflicht – „Zwang mit dem Zweck, größeren Zwang zu verhindern“ – verwirklichen. Öffentlicher, subventionierter Wohnungsbau sei eine mögliche staatliche Aufgabe. Und entsprechend werden „Stadtplanung“ und „Flächennutzungsplanung“ als angemessene Funktionen des Staates angesehen – vorausgesetzt, dass „die Summe des Zugewinns die Summe der Verluste überschreitet“. Und schließlich seien „die Versorgung von Annehmlichkeiten oder Gelegenheiten für Erholung, oder die Erhaltung von Naturschönheiten oder Stätten historischen oder wissenschaftlichen Interesses“, „Naturparks, Naturschutzgebieten und so weiter“ legitime Staatsaufgaben.

Außerdem besteht Hayek darauf, dass wir erkennen, dass es irrelevant ist, wie umfangreich der Staat ist und wie schnell er wächst. Wichtig allein sei, dass Handlungen des Staates gewisse formale Voraussetzungen erfüllen. „Es ist eher die Art als der Umfang der Staatsaktivität, die wichtig ist.“ Steuern als solche und die absolute Höhe der Besteuerung sind für Hayek kein Problem.

Steuern – und militärische Dienstpflicht ebenso – verlieren ihr Merkmal als Zwangsmaßnahmen, „wenn sie zumindest vorhersehbar sind und unabhängig davon durchgesetzt werden, wie das Individuum seine Kräfte anderweitig einsetzen würde; damit wäre ihnen die bösartige Natur des Zwangs weitgehend entzogen. Wenn die bekannte Notwendigkeit der Zahlung eines gewissen Steuerbetrages zur Grundlage all meiner Pläne wird, wenn ein Zeitabschnitt des Militärdienstes ein absehbarer Teil meiner Karriere sein wird, dann kann ich einen generellen, selbst gefertigten Lebensplan verfolgen und bin so unabhängig vom Willen einer anderen Person, wie es Menschen in einer Gesellschaft gelernt haben zu sein.“ Aber bitte, es muss eine proportionale Steuer und ein allgemeiner Militärdienst sein!

Hayek-Mythos

Es sollte jetzt klar sein, dass die Idee, Hayek sei ein extrem liberaler Denker und ein entschiedener Gegner der Linken, absurd ist. Einige bezeichnen Hayek als „den größten Verfechter von Freiheit und Wirtschaft im 20. Jahrhundert“, was jedoch eher ein Witz ist in Anbetracht seiner Aussagen. Aber wie konnte dieser Mythos entstehen und so lange überleben?

Ich kann nur spekulieren. Die offensichtlichste Antwort ist, dass die Journalisten und Medien, die diesen Mythos verbreiten, einfach nicht gut informiert sind und nicht wissen, wovon sie sprechen. Sie kopieren und wiederholen einfach, was andere bereits veröffentlicht haben. Aber obwohl das teilweise zutrifft, erklärt es nicht, warum der Mythos überhaupt entstanden ist und warum er so hartnäckig ist. Es muss jemanden geben, der ein Interesse an diesem Mythos und seiner Langlebigkeit hat.

Lassen Sie uns daher in die Perspektive der dominierenden linken Strömungen aller Parteien versetzen – es gibt keine nicht-linken Parteien. Was würden wir tun, um unsere dominante Position zu sichern oder sogar auszubauen, wenn eine vollständige Gleichförmigkeit in der öffentlichen Meinung unerreichbar ist?

Erstens würde ich die wirklich gefährlichen Gegner der vorherrschenden linken Ansichten identifizieren und sie aus dem öffentlichen Diskurs ausschließen, indem ich sie ignoriere und von einflussreichen Positionen fernhalte. Vor dem Internetzeitalter war das relativ einfach. Personen wie Ludwig von Mises und Murray Rothbard, die als bedrohlich betrachtet wurden, wurden bis vor Kurzem kaum erwähnt. Es war schwierig, Informationen über sie zu finden oder ihre Bücher in den meisten Bibliotheken zu finden.

Zweitens würde ich die Bandbreite des „akzeptablen“ öffentlichen Diskurses begrenzen, indem ich einige prominente Personen identifiziere, die als „gefährliche Gegner“ dargestellt werden können. Diese Personen sollten jedoch gleichzeitig verwirrt und prinzipienlos genug sein, damit ich mit ihnen debattieren kann. Dabei würde ich sie ständig in Widersprüche verwickeln und zu Zugeständnissen an meine eigenen linken Ziele zwingen können. Das ermöglicht es mir einerseits, als tolerant und offen zu erscheinen. Andererseits kann ich die Debatte immer gewinnen, indem ich darauf hinweise, dass selbst diese „Feinde“ zumindest einigen meiner Grundprinzipien zustimmen. Das Argument würde normalerweise so lauten: „Aber selbst Hayek und Friedman geben das zu oder widersprechen dem nicht…“

Was diese so genannten Feinde betrifft: Wenn sie von der einflussreichen Linken zu offiziellen Gegnern ernannt werden und als Feinde dargestellt werden, die man zwar hasst, aber auch respektiert, gewinnen sie an Ruhm und Anerkennung. Sie werden Teil des Establishments und erhalten nicht nur Zugang zu den Hauptstrom-Medien, sondern auch zu den höchsten Rängen der Staatsmacht. Denken Sie nur an die Verbindungen zwischen Friedman und Hayek einerseits und Reagan und Thatcher andererseits. Oder daran, dass Helmut Schmidt Friedrich August von Hayek zum 80. Geburtstag gratulierte und sagte, dass „wir inzwischen alle Hayekianer“ seien. Als staatlich anerkannte „Systemkritiker“ sind sie auf allen großen Konferenzen und Kongressen willkommene Gäste.

Und wie verhalten sich diese offiziell akkreditierten „Feinde der herrschenden Linken“ in diesen Kreisen und anderswo? Sie revanchieren sich für die ihnen von der Linken zugeschriebene Ehre, indem sie sich selbst an der Praxis des Ausschlusses echter, wirklich gefährlicher Gegner der Linken wie Mises und Rothbard beteiligen. Natürlich kennen sie diese gefährlichen Personen.

Aber wenn überhaupt erwähnt, fallen in der Regel ein paar freundliche Worte, gefolgt von abfälligen Bemerkungen. Hayek erwähnte Rothbard beispielsweise nur am Rande in einigen Fußnoten. Was Mises betrifft, versuchte Hayek nach dessen Tod im Vorwort zu dessen „Erinnerungen“ und auch zur Neuauflage von Mises‘ „Socialism“ den Eindruck zu erwecken – ohne den geringsten Beweis –, dass Mises seinen früheren „exzessiven Rationalismus“ im Alter aufgegeben habe und sich stattdessen dem Skeptizismus und Anti-Irrationalismus von Hayek zugewandt habe. Auch Friedman hat Rothbard in seinen Schriften hartnäckig ignoriert. Was Mises betrifft, konnte er sich um ein paar anerkennende Worte nicht herumdrücken, aber dann folgte sofort der Vorwurf der „Intoleranz“ und der Versuch, Mises lächerlich zu machen, nachdem dieser Friedman und seine Chicago-Freunde auf einer Versammlung der Mont Pelerin Society (MPS) als „nichts weiter als einen Haufen Sozialisten“ bezeichnet hatte.

Bis heute hat sich an der Praxis der Ausgrenzung nichts geändert. Im Gegenteil, wenn Anhänger von Hayek oder Friedman sich versammeln, suchen sie eher die Gesellschaft hochrangiger Politiker, Zentralbanker und Kriegsbefürworter und lassen sich von ihnen unterstützen, anstatt sich mit „verrückten Extremisten und Anarchisten“ wie Mises und Rothbard und ihren intellektuellen Nachfolgern abzugeben. Ein Blick auf die Redner, Teilnehmerlisten und Sponsoren der Mont Pelerin Society zeigt dies deutlich – einschließlich eines Staatsbanketts bei Václav Klaus, einem entschiedenen Verteidiger der umstrittenen Benesch-Dekrete. Klaus war kürzlich sogar neben zwei Bankern der Hauptredner bei einer Tagung der Hayek-Gesellschaft in Obergurgl.

Was können wir tun?

Wir sollten die Dinge beim Namen nennen, und im Internetzeitalter können sie uns nicht mehr vollständig ignorieren. Das würde die unheilige Allianz zwischen der herrschenden Linken und der genehmigten „radikal marktwirtschaftlichen Opposition“ aufbrechen. Sicherlich würde uns das die Feindschaft der Anführer der Hayek- und Friedman-Bewegung einbringen. Sie würden als die „nützlichen Idioten“ der herrschenden Linken entlarvt werden, was sie tatsächlich sind. Aber es eröffnet auch die Möglichkeit, viele verwirrte und suchende Mitglieder dieser Bewegung auf unsere Seite zu ziehen.

Und was sollten wir sagen? An dieser Stelle können wir Murray Rothbard aus dem Jahr 1959 zitieren. Rothbard arbeitete zu dieser Zeit als intellektueller Talentsucher für den William Volker Fund, derselben privaten Stiftung, die auch Hayeks Gehalt an der University of Chicago bezahlte. Ihm wurde das Manuskript von Hayeks „Verfassung der Freiheit“ zur Begutachtung vorgelegt. Rothbard verfasste einen ausführlichen Kommentar zum Manuskript, der an Hayek geschickt wurde, sowie ein kürzeres internes Memorandum. Ich zitiere hier den ersten Satz und den letzten Absatz seines internen Memorandums an den Volker Fund. Beachten Sie dabei, dass Murray Rothbard, wenn er von der „extremen Rechten“ spricht, die marktradikale libertäre Rechte meint, also den eigentlichen und fundamentalen Gegenspieler aller Linken.

Der erste Satz von Rothbard lautet: „Friedrich August von Hayeks ‚Verfassung der Freiheit‘ ist, erstaunlicher- und erschütternderweise, ein extrem schlechtes und, ich würde sogar sagen, übles Buch.“

Der letzte Absatz lautet: „Das ist also das Gesicht, das Hayek in seiner ‚Verfassung der Freiheit‘ der Welt präsentieren wird. Dieses Gesicht sieht so aus, dass, wenn ich ein junger Mann wäre, der anfängt, sich für politische Fragen zu interessieren, und ich dieses als das beste Produkt der ‚extremen Rechten’ lesen würde, ich sofort ein flammender Linker werden würde.

Und so, glaube ich, würde es fast jedem ergehen. Das ist der Grund, weshalb ich glaube, dass die ‚Rechte’ dieses Buch bei Erscheinen mit großem Nachdruck angreifen sollte, statt das zu tun, was ich mit Sicherheit erwarte: ihm wie eine Schar abgerichteter Seehunde zu applaudieren. Denn erstens: Hayek greift das Laissez-faire-Prinzip an und attackiert oder ignoriert die wahren Libertären. Er liefert damit die Vorlage für den Spruch ‚selbst Hayek räumt ein …‘. Und zweitens: Sein Argument gründet auf einer Herabwürdigung oder Leugnung sowohl der Vernunft als auch der Gerechtigkeit, so dass jeder, der an Vernunft oder Gerechtigkeit interessiert ist, dazu neigen würde, das ganze Buch abzulehnen. Und jedes Versäumnis der ‚extremen Rechten’, das Buch mit der ganzen Vehemenz anzugreifen, die es verdient, wird darum aufgrund Hayeks großer Prominenz in der intellektuellen Welt der ‚rechten Sache’, die wir alle wertschätzen, unermesslichen Schaden zufügen.“

Dieser Beitrag ist in “eigentümlich frei” Ausgabe März 2013 erschienen.

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Professor Dr. Hans-Hermann Hoppe, Jahrgang 1949, ist einer der einflussreichsten Vertreter und konsequentesten Vordenker der libertären Lehre (Libertarians) der Österreichischen Schule in der Tradition von Ludwig von Mises (1881 – 1973) und Murray N. Rothbard (1926 – 1995). Er war von 1986 bis 2008 Professor für Volkswirtschaftslehre an der University of Nevada in Las Vegas. Hoppe ist Distinguished Fellow des Ludwig von Mises Institute, Auburn, US Alabama. Im Mai 2006 gründete er die Property and Freedom Society (http://propertyandfreedom.org/). Zu seinen Werken gehören unter anderem: A Theory of Socialism and Capitalism (Ludwig von Mises Institute, 1989), Demokratie. Der Gott, der keiner ist (Verlag Manuscriptum, 2003), Der Wettbewerb der Gauner: Über das Unwesen der Demokratie und den Ausweg in die Privatrechtsgesellschaft (Holzinger-Verlag, 2012). Zuletzt erschienen: The Great Fiction: Property, Economy, Society, and the Politics of Decline (Laissez Faire Books, 2012).

Professor Dr. Hans-Hermann Hoppe ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des “Ludwig von Mises Institut Deutschland”.

Weitere Informationen zu und von Professor Dr. Hans-Hermann Hoppe auch auf “HansHoppe.com

Michael
Michael

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